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Kommentar von Antje Mayer

Zu brav! VALIE EXPORT im Atelier Augarten Wien

Mit großen Künstlerinnen ist es doch so: Erst müssen sie ein großes - meist ihrer Zeit voraus seiendes und damit freilich nicht unumstrittenes - Werk komponieren, das sie berühmt macht. Wenn Sie dann mal bekannt sind, können sie eigentlich alles produzieren, was sie wollen und/oder sie werden Professoren. Wenn sie dann gestorben sind, holt man noch das letzte Schnipselchen, Skizzchen und Fragmentchen aus ihren Schubladen und adelt es, obwohl es nie dafür gedacht war, posthum zur Kunst.

Daran denkt man, wenn man durch die Ausstellung „VALIE EXPORT: Serien“ im Atelier Augarten in Wien schlenderte (bis 20. Februar 2005). Eine Personalschau der österreichischen Künstlerin (Jahrgang 1940) mit über 90 Werken aus dem Bereich Photografie, Zeichnung und Raumintervention ist dort zu sehen, die sich vor allem dem nebelig umhüllten Thema der Serie, soll heißen der Reproduzierbarkeit und Wiederholung widmet.

Man wird dabei das Gefühl nicht los, dass die Wiener Künstlerin, die derzeit als Professorin für Multimedia - Performance an der Kunsthochschule für Medien Köln lehrt, schon in Pension ist, so dokumentarisch und betont retrospektiv gibt sich die Schau, so wenig Neues kann man von ihr dort sehen, so viele Fragmente, experimentelle Skizzen und Studien, vor allem aus den Siebziger Jahren, sind dort ausgestellt.

Okay, eine VALIE EXPORT kann sich erlauben, das Backstage zu lüften und zu ihren Anfängen zurückzugehen, aber solch eine Vorgehensweise implementiert immer gleichzeitig auch ein Verlassen der Bühne oder ein Ende. Sie ist ein großes Wagnis, das zum Eigentor werden kann und am Beispiel Augarten auch wurde.

Langweilig geriet die Schau, denn das, was man dort von VALIE EXPORT sieht, verrät einem wenig von ihr selbst, ihrer Wildheit, ihren Trotz und ihrem Pioniergeist, dazu hat sie zu wenig für sie Typisches und Unverwechselbares gezeigt. Die Ausstellung geriet eher zur Doku über das große Experimentierfeld der Sechziger und Siebziger Jahre, eine Zeit als viele Künstler wie VALIE EXPORT zeichnerisch zur Problematik des Sehens, zu motorischen Fähigkeiten und psychischen Hemmnisse forschten. Das Copyright hat VALIE EXPORT dafür wahrlich nicht und deswegen fehlt der Ausstellung dann auch eines, was eine Personale bieten sollte: das Einmalige und Unverwechselbare.

Keiner hatte zum hundersten Mal die Fotos der legendären Grapschaktion "Tapp- und Tastkino" 1968 am Wiener Stephansplatz erwartet, wo die Künstlerin Passanten aufrief, ihre Brüste zu greifen, aber die Marke VALIE EXPORT hat man sich in der aktuellen Schau schon erhofft. Dazu hatte sie sich seit 1967 ja auch selbst stilisiert, heißt sie doch eigentlich mit bürgerlichen Namen bieder Waltraud Höllinger, geb. Lehner. Es hätte viele Themen gegeben, Performance in den Medien, „expanded cinema“ oder warum nicht auch mal einen neuen Blick aus ihrer Sicht heute auf den Feminismus in der Kunst. Dafür steht die Marke VALIE EXPORT, aber das Thema der „Serien“ (siehe Titel), wenn auch wesentlicher Teil ihrer Arbeit, ist für eine Schau zu wenig spannend, zu brav und zu beliebig, für VALIE EXPORT zumal.



Atelier Augarten -