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Kommentar von Manuela Hötzl

Tatort Museumsquartier

Podiumsdiskussion „Mauseloch oder Portal“ - Der MQ - Ausgang in den 7. Bezirk - Depot, Kunst und Diskussion, Breite Gasse 3

Diplomatische Ignoranz, verweigertes Verständnis für Öffentlichkeit, inszenierte politische Schnitzeljagden, das Verhindern einer Diskussionskultur, angepasste, unreflektierte Halbverständnisbezeugungen und vorauseilender Gehorsam einer Autorität, die keine sein sollte – das Museumsquartier hört nicht auf, zu einer Erbschuld für Wien zu werden. Und noch immer wird niemand zur Rechenschaft gezogen, ständig stellen sich Galionsfiguren gezwungener Maßen in den Vordergrund, die für Fehler und Handlungen einstehen, die im Hintergrund vorbereitet wurden. Strategie oder Verweigerung?

Anlass für all die Aufregung ist das Projekt von Prof. Pruscha in der Breitegasse, das unter anderem den bestehenden Eingang (oder Ausgang) zum Museumsquartier überbauen soll und damit das Areal des MQs endgültig hinter Mauern einschließt. Der Titel der Veranstaltung im Depot „Mauseloch oder Portal“, stellt die Dimension des Durchgangs zur Diskussion.

Aber wie Winfried Kallinger (Bauträger Kallco) richtig meint: „Das Problem ist nicht der Gehsteigrand, das Problem liegt dahinter.“ – und zwar weit dahinter, machen wir einen Zeitsprung: Im Mai 2001 wurde von der Museumsquartier-Errichtergesellschaft und Vitus Weh ein Wettbewerb für eine Aussichtsplattform iniziert, aus dem die Architekten „nextENTERPRISE“ mit ihrem Projekt „Medienschleife“ hervorgingen. Danach wurden zwar Sponsoren gesucht, aber als dies nicht zum Erfolg führte, verkaufte die Errichtergesellschaft das Grundstück an den Bauträger Kallco. Das selbe Grundstück, das Jahre zuvor von dem damaligen Vertreter Dr. Günther Bischof für das Museumsquartier erworben wurde.

Komplizierter Tatbestand, aber keine Tat. Rechtlich ist alles gesichert, wie auch alle Podiumsteilnehmer (Winfried Kallinger, Judith Eibelmayr, Dietmar Steiner, Marie Therese Harnoncourt, Jens Dangschat) bestätigten. Es wurde eben noch niemand wegen fahrlässiger Verhinderung eines städtebaulichen Vordenkens verurteilt. Faszinierend ist die ständige Abwesenheit der Verantwortung, eine Strategie zwischen privater Errichtergesellschaft, Stadt Wien und Bund. Hier wird nur an der Oberfläche diskutiert und nebenbei der wahre Tatbestand verunklärt. Selbst wenn man mit der Aussichtsplattform den Leseturm rächen oder mit einem langweiligen Bürobau den Sargdeckel des Areals zumachen will. Das MQ verbirgt eine ganze Menge an Stoff – und wenn sich kein Historiker daranmacht - vielleicht wird ein Drehbuchautor aufmerksam, die Filmkulisse ist perfekt – zwei mögliche Titel des Kassenschlagers: „Tatort Museumsquartier“ oder mit pädagogischem Anspruch: „Learning from Museumsquartier“. Taschentücher mitnehmen!



erschienen in Architektur&Baunews/07,Apr.02
Museumsquartier Wien -