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Kommentar von Manuela Hötzl

Delugan-Meissl – State of Flux

Kunsthaus Meran

Was ist Architektur? Was kann eine Ausstellung zeigen? Diese Grundsatzfragen stellten sich die Architekten Delugan-Meissl aus Anlass ihrer Werkschau im Kunsthaus Meran. Nachdenken über Grundsätzliches ist durchaus typisch für das österreichisch-italienische Architektenpaar mit Büro in Wien. Ebenso wie Architektur ständig versucht, den Ort, den Raum und den Kontext neu zu definieren, oder zumindest diesen Anspruch erhebt, sollte eine Ausstellung da, nicht außer Architektur zu zeigen, etwas vermitteln, das der Arbeit eines Büros – Vorgehensweise, Raumvorstellung, persönliche Ansätze und Strategien – am nächsten kommt? Delugan-Meissl haben diesen schwierigen Bogen auf ihre Art neu gespannt. „Neu“ ist zwar in diesem Zusammenhang ein weicher Begriff, denn das Material, mit dem Architektur präsentiert wird, ist auch hier nichts anderes: Modelle, Pläne, Fotos und Texte. Die Ausstellung „State of Flux“ in Meran ist jedoch explizit auf den Raum des Kunsthauses zugeschnitten. Bevor man inhaltlich eintaucht, wird man von der Ausstellungsarchitektur erfasst. Schräge weiße Wände strecken sich einem entgegen und öffnen sich als schwarze Schlitze, die den Blick anziehen und sofort fokussieren. Die Projekte werden unter fünf thematischen Schwerpunkten präsentiert. Fotos werden in einer Art Guckkasten zum dreidimensionalen Bühnenbild für die Modelle; Pläne und Texte führen immer tiefer in die Materie. Die Themen primarily private, genuis loci revisted, deep surface, more than mobile und dense dialogues werden nicht unter Anspruch der Vollständigkeit definiert. Sie zeigen vielmehr exemplarisch ein Spektrum der Arbeit von Delugan-Meissl, das sich einer möglichen Strategie im Entwurfsprozess widmet. Zeitgenössisches Wohnen, Topografie, Hochhäuser, Schnittstellen von Städtebau und Verkehrsplanung werden als Schnittpunkte des Büros deutlich. Für die dokumentarische Werkschau wurde zusätzlich ein Medienraum installiert. Auch hier findet sich der persönliche Ansatz: An der Wand hinter der Projektion sind Begriffe alphabetisch geordnet, die persönlichen Vorlieben, Interessen und das Umfeld beschreiben.

Die realisierten Projekte, wie die Wohnbauten Wimbergergasse, „Donauplatte“ in Wien oder das Hochhaus für den Bauträger Mischek (Heft 18-19) sind in der Ausstellung nur ein Teil des Systems und werden nicht eigens herausgestellt. „D_M are in a sense both pioneers and veterans“ – eine Selbsteinschätzung, die nicht nur ihre Stellung zwischen “jung” und “etabliert” in Frage stellt, sondern ebenso die architektonische Einordnung ihrer Projekte. Delugan-Meissl scheuen sich nicht, ihre Unsicherheit offen zu legen. Die Ausstellung bildet einen Teil ihrer Welt und eines Prozesses ab und lässt auf sympathische Weise Voyeurismus zu. „Was kann also eine Architekturausstellung?“ Auf ca. 300 m² Ausstellungsfläche vermittelt „ sie als begehbares Portrait nicht nur exemplarische Projekte, sondern auch die spezifische Raumerfahrung, die im Zentrum der vielfältigen Arbeiten von Delugan-Meissl steht.“



erschienen in Bauwelt Nr.23/14.Jun.02