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Kommentar von Manuela Hötzl

Geschmack in Betrieb

Kürzlich bekam ich ein Email, indem ein Architekt um Argumentationshilfe für seine Architektur bat. Diese werde in Diskussionen immer mit dem Argument „das ist Geschmackssache abgewürgt“. Nun kenne ich diese Architektur nicht, nur die Bekanntschaft mit dem neuen Kiosk (präsentiert am 5. Juni im Zuge der Architekturtage im Hof des Architekturzentrums, ein eigenes „Hintergrund“ zum Thema Kiosk ist auch erschienen) konnte ich machen. Und der traf vor allem Geschmacksnerven. Mögen im kleinen Inneren die funktionalen Vorgaben, wie Kartenverkauf, ein Arbeitsplatz pro Modul, bewältigt werden, nach außen präsentiert sich der Kiosk als schlechter Witz und mit ungewollter Ironie auf konstruktive Entwicklungen in der Architektur.
Der Konstrukteur Cecil Balmond (Arup) entwickelte ein Tragsystem für Fassaden, das auch „unregelmäßige“ Formen zulässt. Das neue System, angewandt von Architekten wie Koolhaas, Herzog de Meuron oder Libeskind, wird bei dem Kiosk von der Architektengruppe GRMW als reines dekoratives Stilmittel und losgelöst von der Fassade übernommen. Übrig bleibt ein Zitat, viel Materialverbrauch und Argumente wie „Transparenz und Licht-Schattenspiele“ (diese Worthülse passt zur Hülle), die Architektur ebenso weich macht, wie oft (zugegeben) die Kritik dafür. Lieber Architekt, wenn Sie wissen was sie tun, dann kann es auch nicht an Argumenten dafür fehlen. Und wie man anschaulich an dem Kiosk sehen kann: oft ist es gar nicht nötig.



Zum Nachlesen: Cecil Balmond Publikationen "Unfolding," Co-author Daniel Libeskind, "Number 9: The Search for The Sigma Code," und "Informal."