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Kommentar von Antje Mayer

Kasper König holt Gironcoli nach Venedig

Da mochte Kasper König, Direktor des Museum Ludwig Köln, einfach nicht nein sagen. Wenn er das Kuratorenamt des Österreich-Pavillon übernehme, könnte er, so lockte der österreichische Staatssekretär Franz Morak, seinen „Traum“ erfüllen und endlich die Werke des österreichischen Bildhauers Bruno Gironcoli international präsentieren. Kasper König sagte also heuer (nur heuer) zu und freute sich, zumal er angedacht hatte, eine Skulptur für Köln anzukaufen.

Dazu muss man wissen, dass Einzelausstellungen von Gironcoli (Jahrgang 1936), einer der „bedeutensten österreichisch lebenden Künstlern“, so König, rar sind. Dessen Bildhauerarbeiten sind nämlich keineswegs so handlich, wie die am 11. Mai aus dem Kunsthistorischen Museum geraubte „Saliera“. Für die Anlieferung von 16 seiner Werke für die Ausstellung „Die Ungeborenen“ im Wiener MAK (1997) mussten sich angeblich 14 Nächte lang Spezialtransporter durch die Stadt mühen. Deswegen war sein berühmter Schüler Franz West (Jahrgang 1947) auch 13 Jahre vor ihm in Venedig. Jetzt aber endlich ist der große Meister dran: „Das freut mich sehr. Ich hoffe, es wird auch was Gscheites!“, übt sich der in Bescheidenheit.

Die 300.000 Euro Budget gingen für die Präsentation von sieben Skulpturen und einige Modelle drauf, darunter einflussreiche Arbeiten wie Madonna (1975/1976), „Vater, Mutter, Kind (1978/1978) und „Eisenfigur“ (1985-1990), zwei Alugüsse (ohne Titel) werden vor dem Pavillon gezeigt. Im Anschluss plant Kasper König mit der Berliner Co-Kuratorin Bettina M. Busse (letzte große Ausstellung „Davaj! Russian Art Now.“ in Berlin und Wien 2002) eine Tournee einer adaptierten Schau durch drei bis vier internationale Museen.

Auch ist fixiert, dass Bruno Gironcoli auf der sogenannten Wiener „Donauplatte“ in einem Glaszubau eines Bürohochhauses der Bau Holding STRABAG AG eine Galerie für zehn Jahre (voraussichtlich ab Herbst 2003) eingerichtet bekommt. Es sollen dort die 16 Skulpturen gezeigt werden, die 1997 auch im MAK ausgestellt waren, so die Ehefrau Christine Gironcoli. Danach ist geplant, die Arbeiten in eine Stiftung eingehen zu lassen.

Der gelernte Gold- und Silberschmied Gironcoli, der eigentlich Malerei an der Angewandten in Wien studierte und machte sich ohne Abschlussdiplom bald als Bildhauer selbstständig, „bis es mir“, so Gironcoli „in den Siebziger Jahren gelang, eine grundlegende Idee über meine Bildhauerei zu entwickeln.“ Von seinen frühen filigranen Drahtobjekten ging er über zu Objektanhäufungen aus Alltagsgegenständen, wie Schuhen, Steckdosen, Besteck, die sich zusehends zu riesigen, maschinenartigen Skulpturen auswuchsen. Später verdichteten sie sich zu organischen Raum-Apparaturen aus Holz, Eisen und Kunststoff in Kupfer- und Goldfarben. Die Beziehung Mann-Frau, Gewalt, Sadomasochismus, sexuelle Ängste, Perversion, das waren die Ur-Themen die Gironcoli beschäftigen. 1997 schließlich trat er die Professur als Nachfolger von Franz Wotruba in der Bildhauerklasse der Wiener Akademie der Bildenden Künste an.



erschienen in Kunstzeitung Nr.82/Jun.03,S.17