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Kommentar von Antje Mayer

„Keine Kunstabwicklungsmaschine“

Wolfgang Kos - Neuer Direktor des Historischen Museums Wien

Auch ein Dia-Vortrag eines Kunsthistorikers oder eine Radiofeature sei im Grunde eine Kunstausstellung, eben nur ein wenig kürzer, findet der bekannte österreichische Radiojournalist Wolfgang Kos (Jahrgang 1949) und deswegen auch nichts dabei, ab April 2003 die Fronten zu wechseln: Ab dann nämlich soll der promovierte Historiker als Direktor das derweil reichlich verstaubte „Historische Museum der Stadt Wien“ am Karlsplatz auf Vordermann bringen.

Als Kurator hat Kos, der in jungen Jahren in einer New Wave-Band rockte, schon reüssiert, unter anderem mit der damals, 1997, hochgelobten Ausstellung „Alpenblick“. Die zeitgenössische Kunst und das Alpine“ in der Kunsthalle Wien. Als Erfinder der Konzertreihe für neue Musik „Töne & Gegentöne“ (im Rahmen der Wiener Festwochen mit Edek Bartz) und Chef einer ganz andersartigen Ausstellungsplattform, nämlich dem beliebten „Popmuseum“, einer Ö3 –Radiosendung von 1983-1991, hat der manische Sammler und Aussteller „bedeutender wie vordergründig unbedeutender Gemischtwaren aller Art“, besonders bei der jungen Generation, Kultpunkte gesammelt.

Leicht wird es jedenfalls für den Pophistoriker nicht werden, das „Historische“ vom Beamtenmief zu lüften und die Konkurrenz schläft auch nicht: Mehr Ausstellungshäuser als Bäckereien buhlen inzwischen in der Nachbarschaft um die Kund(st)schaft: Unter anderen das Künstlerhaus, die Secession, die Kunsthalle, das Museumsquartier, die Albertina: Kurzum viele Häuser, „ähnlich groß“, mit ähnlichen Programmen, „ähnlich halbtief“ vorbereitet, mit „ähnlichen Katalogen, in denen man die ähnlichen Verdächtigen, die zum Thema passen, einlädt. Und die holen aus ihrem Ladl ihre üblichen Geschichten“, resümiert Kos. Deswegen denkt er auch gar nicht dran, abermalig eine „Kunstabwicklungsmaschine“ (Kos) zu etablieren, sondern möchte dem Überangebot an „hoher Kunst“ mit einem Sach- bzw. Universalmuseum entgegentreten.

Immerhin über einen Schatz von 1,7 Millionen Objekten ist Kos in Kürze Herr, Zeitdokumente aller Art, vom Plakat bis zum kompletten Wohnzimmer eines Adolf Loos, darunter Kunst von der Antike bis zur Gegenwart und einer formidablen Fotosammlung. Ein paar „Satelliten“ darf Kos dazu auch noch inszenieren: Etwa die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten, wo sich einst die „Sissi“ vom kaiserlichen Starrummel frustriert zu Jagd- und Hungerexzessen zurückzog, die bekannte Modesammlung im Schloss Hetzendorf, das Uhrenmuseum oder die Mozart-Gedenkstätte Figaro-Haus.

Der Alltag, den Kos so liebt und gerne sammelt, dürfte, so scheint’s- in Zukunft reichlich anstrengend für den selbsternannten „Volksbildner“ werden. Nicht zuletzt aber wegen eines weiteren zu betreuenden „Satelliten“: Kos wird das erste mal Vater.



erschienen in Kunstzeitung Nr.76/Dez.02,S.4