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Kommentar von Antje Mayer

Dandy im Schachmatt

Die Wiener Kunstszene tuschelt es schon länger hinter vorgehaltener Hand: Während seine Mitarbeiter fleißig wie die Bienen eine trendige Ausstellung nach der anderen rausschleudern, muss es Kunsthallen-Chef Gerald Matt verdammt langweilig sein.
Genügend Ressourcen für seine Selbstpromotion scheint er jedenfalls neben seinem Job als Direktor noch in Unmengen zu besitzen: Erst kürzlich pflasterte der Narziss zum feixenden Amüsement der Wiener die ganze Stadt mit seinem auf Warhol gedrimmten Konterfei zu. Dass Matt sich gerne als Dandy mit Hut und Stock abbilden lässt, ist allgemein bekannt. Wenn er gerade mal nicht gegen Museumsquartier-Chef Wolfgang Waldner auf die Barrikaden geht, präsentiert er sich übrigens gerne halbnackt, nur im Lendenschurz, als Heiliger Sebastian oder -neuester Coup- produziert Videos zum aktuellen Tagesgeschehen. Will Matt damit den Weg für eine mediale Karriere ebnen, fragt sich indessen ängstlich die ganze Stadt, zumal die neue ORF-Jugendkultursendung karls.platz mit Kulturredakteurin Clarissa Stadler (Zeit im Bild 1) wöchentlich von „seinem“ Kunsthallen project space ausgestrahlt wird?
Wie auch immer. Wie könnte es anders sein, tragen die einminütigen Filmchen, von denen er mit dem österreichischen Journalisten und Kurator Thomas Mießgang ganze 365 fabrizieren will, einen Titel, der einmal mehr klar macht, wer hier im Mittelpunkt steht: „SchachMatt“. Wie es der Tausendsassa geschafft hat, sich den Ausflug ins Kabarettistisch-Literarische von Multi Media Anbieter Hutchison finanzieren zu lassen, kann nur auf eine „besoffene verlorene Wette“, so ein witzelnder Insider, zurückzuführen sein.

Matt tritt in den Videos in seiner Lieblingsrolle als Dandy auf, der „den Bohème-Lebensstil mit dem digitalen Zeitalter verbindet“, wie die Presseaussendung verlauten lässt, die übrigens über die Pressestelle der Kunsthalle verbreitet wurde. Die Textauszüge verraten nichts Gutes: „Ich trinke noch einen Whiskey. Am Tresen reiht mein Paul Albert, gelegentlich auch die Kaminwurze genannt, Bild an Bild, Anekdote an Anekdote, Synekdoche an Synekdoche. Tony, der Barmann, trocknet die gespülten Gläser und schweigt wie immer...“ Oh, Herr Matt, hätten Sie es nur auch einmal getan.



erschienen im Informationsdienst Nr.280/Jul.03