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Kommentar von Antje Mayer

In Linz beginnts

Frischzellenkur dank Kunstmuseum Lentos

In Linz beginnt’s! Gegenüber Wien als Provinznest zu gelten, war schon immer die Angst der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Eine Befürchtung, die schon der „zugereiste Linzer“ Adolf Hitler einst kompensieren wollte, indem er Linz, nicht Wien, zur Reichshauptstadt erkor. Derzeit bewirbt sich das agile Donaustädtchen lieber nur um den Status der Kulturhauptstadt 2009, denn, so denken sich die Linzer, hat ihre Stadt immerhin einiges aufzuwarten. Nicht nur eine schmucke barocke Altstadt an der Donau und die Voest Alpin-Werke, die einstigen Göring Werke, sondern auch das Ars Electronica Center mit gleichnamiger Schau, das Brucknerhaus, bald ein neues Musiktheater direkt am Fluss und ebendort auch bald, ab 18. Mai 2003, das neue Lentos Kunstmuseum Linz.

Das hieß bis vor kurzem noch „Neue Galerie der Stadt Linz“ und wurde 1947 von einem Deutschen, dem Berliner Kunsthändler und Sammler Wolfgang Gurlitt, gegründet. Inzwischen ist die Sammlung gewachsen: 1.400 Gemälde, Skulpturen und Objekte, 10.000 Werke auf Papier und 650 Stücke künstlerische Fotografien gehören derweil dazu. Das alles in einem ziemlichen Stilmischmasch, von der Jahrhundertwende über den Expressionismus, bis zur österreichischen Malerei der Zwischenkriegszeit, bis zur angloamerikanischen Popart.

Das Schweizer Architekturbüro Weber + Hofer AG hat nun für die Werke einen einfachen, 8.000 m²-großen dreigeschossigen Glaskasten mit 3.000 m² Ausstellungsfläche direkt an das Ufer der Donau gesetzt. 33 Millionen Euro war die Kunstvitrine teuer und wirbt extrovertiert mit Showeffekten um Besucher: Außen ist tausendfach der Schriftzug „kunstmuseum lentos“ zu lesen, in der Nacht leuchtet der Bau von innen und außen in Rot und Blau. Bei Schönwetter spiegelt sich die Umgebung in der Fassade, bei Bewölkung wird die anthrazitgraue Rückwand der Unterkonstruktion sichtbar. Ein „einzigartiges Kunstjuwel“ jubelte der Bürgermeister Franz Dobusch bei der Gleichefeier, ein „hässlicher Brotkasten“ hingegen greinen die alten Linzer.

Indes: „In Linz beginnt’s“ und deswegen darf auch personell frischer Wind erwartet werden. Der als konservativ geltende jetzige Direktor Peter Baum wird nächstes Jahr seinen Hut nehmen. Der „eher in Sachen Dienstreise als in Sachen zeitgenössischer Kunst bewegliche Kunstbeamte“, wie ein paar Szenekenner zu ätzen wissen, wird nächstes Jahr 65 Jahre alt und hat auf dem Posten dann, sage und schreibe, 30 Jahre verharrt. Die Ausschreibung für die neue Leitung wird bis April 2003 erfolgen. Im September des selben Jahres wird der oder die neue Direktorin bekanntgegeben. Agnes Husslein, ehemals Chefin von Sotheby’s Österreich, nun Direktorin des Salzburger Rupertinum, spitzt, so Gerüchte, angeblich schon auf den Posten.

Auf fünf Jahre will man den Vertrag diesmal zwecks regelmäßiger Frischzellenkur beschränken, mit der Option noch einmal so lange zu verlängern. Wenn es nach dem Linzer Kulturdirektor Siegbert Janko ginge, säße auf dem Posten jemand, der sowohl in der „klassischen als auch zeitgenössischen modernen Formen der Kunst des 21. Jahrhunderts daheim ist.“ Also auch Medienkunst? „Unbedingt! In Linz, der Stadt der Ars Electronica, muß dieser neuer Direktor, oder diese neue Direktorin, die elektronischen, die digitalen Kunstformen sowieso intus haben“, so Janko. Ob Lady Husslein da Chancen haben wird? Kulturdirektor Siegbert Janko scheint jedenfalls auf Name-Dropping verzichten zu können: „Lentos-Chef kann durchaus auch ein junges, regionales Talent werden.“

Im Herbst 2003 ist im kunstmuseum lentos die erste Sonderausstellung „Ecole de Paris“ (11.12.-28.03.2004) geplant, die sich anhand von 120 Gemälden, Zeichnungen und Plastiken mit der französischen Avantgarde, von Picassos bis Léger, auseinandersetzt.



erschienen im Informationsdienst Nr.270/06.Febr.03,S.22