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Kommentar von Antje Mayer

Kommt das Kunsthaus Graz oder nicht?

Wird es nun gebaut oder wird es nicht gebaut, das Kunsthaus in Graz? Das ist die Gretchenfrage, die sich in Österreich derzeit niemand, wirklich niemand, mit absoluter Sicherheit zu beantworten traut. Die Causa "Kunsthaus" hat sich inzwischen zu einer Farce ausgewachsen, die seinesgleichen sucht.

Sage und schreibe drei Wettbewerbe, durch die für die ersten beiden eine Unmenge an Steuergeldern vergeudet wurden, kolportierte knapp vier Millionen Mark, hat es gebraucht: Jetzt endlich, nach über zehn Jahren politischen Gerangels, einigte man sich auf den jetzigen spektakulären Entwurf mit dem blauen Warzendach des britischen Architektenteams Colin Fournier und Peter Cook. Also alles in Butter? Weit gefehlt!

Die Bevölkerung (zumindest der kleine Teil, der sich nach dem Hin und Her dafür noch interessiert) findet ihn "lässig", die Architekten haben bereits ihre Zelte in Graz aufge-schlagen, die Einreichung der Vorentwürfe ist gebongt, nur etwas Wesentliches fehlt: Geld! Genauer gesagt ein Drittel der Bausumme, nämlich um die 30 Millionen Mark, aus den Staatskassen in Wien. Über die wacht Sparefroh Finanz-minister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) zur Erreichung "seines" Nulldefizits derzeit mit Argusaugen: "Wenn Stadt und Land dieses Kunsthaus wollen, dann sollen sie es auch bezahlen", machte Grasser schon im Frühjahr diesen Jahres klar. Die Grazer Stadtväter beharren indes auf dem Kontinuitätsprinzip bei Regierungswechsel und berufen sich auf die Zusage des damaligen Finanzministers Rudolf Edlinger (SPÖ).

Also abwarten und Däumchen drehen? Geht leider nicht. Die Zeit drängt: Graz wird 2003 Kulturhauptstadt, die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Würde im Frühjahr 2001 mit dem Bau begonnen, wird eine Fertigstellung innerhalb von zwei Jahren, wie Experten bestätigen, ohnehin verdammt knapp. Indes: Die Stadt braucht dringend ein nachhaltiges und spektakuläres Projekt wie das Kunsthaus, sonst wachsen sich die Veranstaltungen laut Intendanz, "zu einem nach innen und außen nicht zu verantwortenden kulturellen und wirtschaftlichen Flop" aus. Programmchef Wolfgang Lorenz drohte deswegen gar mit einem Rückritt, sollte das Kunsthaus fallen. "Wir wissen zur Zeit überhaupt nicht, was zur Zeit ist", so derArchitekt Colin Fournier. "Aber was bleibt uns übrig, als mit Optimismus weiter zu arbeiten."

Unter dem leuchtenden "Wabbelpudding"-Dach von Cook und Fournier nahe der Mur, unter Einbezug der alten Bausubstanz des denkmalgeschützen "Eisernen Hauses", sind auf 7.300 Quadratmetern unter anderem Galerieflächen für wechselnde Ausstellungen im oberen und Präsentationsräume für Neue Medien im unteren Stock, die Unterbringung der Fotozeitschrift Camera Austria, eine Bibliothek und eine Ausstellungszone für Kinder geplant. Offen bleibt nur, ob die "Gruselgeschichte" (Kleine Zeitung) um die Bundesfinanzierung des Kunsthauses nach einem Jahrzehnt endlich ein Ende findet. Die "Kulturhauptstadt Graz" ist schließlich ein Projekt, das die Regierung in Brüssel beantragt hat - keine private Grazer Angelegenheit. Indes: sehr europäisch gebärdet sich die Regierung derzeit auf ganzer Linie nicht.



erschienen in Kunstzeitung Nr.53/Jan.01,S.4
Kunsthaus Graz -