Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Kommentar von Antje Mayer

Serge Sabarsky-Ausstellung im Historischen Museum abgesagt

Nun wurde schon die zweite, große namhafte Ausstellung innerhalb kurzer Zeit in Wien abgesagt. Erst hatte Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, seine für diesen Sommer geplante Schau „Von Raffael bis Goya“ wegen ausbleibender Subvention gekanzelt. Jetzt musste auch Wolfgang Kos, der neue Direktor des Historischen Museum Wien, kurzfristig die ab 21. Mai geplante Top-Ausstellung „Serge Sabarsky – Ein Wiener Sammler in New York“ absagen, allerdings aus rechtlichen Gründen.
Vorgesehen gewesen wäre eine Hommage an den Sammler, Künstler und Ausstellungsmacher Serge Sabarsky (1912-1996) mit Gemälden der Wiener Moderne (Schiele, Klimt, Kokoschka u.a.) und des deutschen Expressionismus (Beckmann, Dix, Heckel u.a.).
Grund war ein Passus im Vertrag mit dem Sabarsky Trust, der darauf bestand, dass, wenn sich in Wien Klagen auf Beschlagnahme oder Eigentumsstreitigkeiten ergäben, müssten die Museen der Stadt Wien sämtliche (!) Kosten übernehmen. Grundlage des Leihvertrages sollte das Recht des Staates New York sein.

„Das war unannehmbar“, so Wolfgang Kos, „auch wenn die Wahrscheinlichkeit von Klagen äußerst gering einzuschätzen war, -die Werke waren alle ‚sicher’-, das Risiko wäre für ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes Museum völlig unkalkulierbar gewesen.“ Selbst als man der Sabarsky Stiftung anbot, das Risiko zumindest bis zu einer gewissen Summe zu übernehmen, lehnte diese ab. Angesichts der steigenden Zahl an Restitutionsverfahren in der vergangener Zeit sind solche Vertragsklausel anscheinend kein Einzelfall mehr. „Wir können momentan ein sich abzeichnenden Trend beobachten“, vermutet Kos.
Auch ein Museum in Madrid, so verlautet aus informierten Kreisen, sieht sich auf Grund dieses Vertragspassus angeblich gezwungen, eine geplante Sabarsky-Ausstellungen abzusagen. Klaus Albrecht Schröder war jüngst ebenfalls von solchen unannehmbaren Absicherungsversuchen konfrontiert, allerdings von Seiten russischer Museen.

Besonders pikant scheint die Angelegenheit gerade deswegen, weil die Ausstellung 2002 von der Sarbarsky-Stiftung selbst offeriert wurde. Der Plan, eine Schau in der Geburtsstadt von Serge Sabarskys zu zeigen, stieß in New York auf große Begeisterung. „Warum sie sich mit solchen Forderungen ein Eigentor schießen, verstehe ich nicht. Man könnte annehmen, dass der, der eine Ausstellung in Europa anbietet, auch versichern kann, das sie dort ohne Probleme zeigbar ist“, wundert sich Wolfgang Kos.

Nur warum, fragt man sich, wurde die Ausstellung offiziell erst so spät, abgesagt? Eine entsprechende Presseaussendung ging erst eine Woche vor der geplanten Eröffnung an die Medien. Der Katalog war fast fertig und das Architekturbüro Kühn Malvezzi (documenta XI) bereits beauftragt. Ein erster Vertragsentwurf, so verlautet aus dem Historischen Museum, wurde seitens des Sabarsky Trust erst im März 2003, knapp zweieinhalb Monate vor der Eröffnung, vorgelegt. „Wir haben bis zuletzt verhandelt“, so Kos, „ohne Erfolg.“

Man habe sich auf die mündlichen Vereinbarungen verlassen, vielleicht sei auch der Direktorenwechsel ein Grund gewesen und Kos’ Vorgänger habe möglicherweise auch nicht entsprechend energisch urgiert. „Wir hatten keinen Grund an der Durchführbarkeit zu zweifeln. Die Ausstellung war angeboten worden. Anfang der Achtziger Jahre fanden in Wien ja auch schon große Sabarsky-Schauen statt. Erschwerend war sicher“, vermutet Wolfgang Kos, „dass Sabarskys Witwe Vally während der Planungsphase verstorben war und im Zuge des Nachlassverfahrens die Sammlung unter Treuhänderschaft gefallen waren.“

Diese peinliche Angelegenheit nimmt der ehemalige ORF-Journalist und Direktorendebütant Wolfgang Kos hingegen gewohnt gelassen: „Das gehört anscheinend zum Museums-Alltag. Ich sehe das als ‚Crashkurs’. Ein Trost: Die Sabarasky Stiftung hat immerhin gebeten, uns diese Ausstellung nächstes Jahr wieder anbieten zu dürfen. Die hohen Kosten wie Transport und Katalogdruck sind derweil ohnehin nicht entstanden. Den produzierten Dokumentarfilm kauft uns die Sabarsky-Stiftung ab.“

Dass der bekannt bodenständige Kos das Zeug zum Krisenmanagement hat, hat er dann auch gleich unter Beweis gestellt. Innerhalb sage und schreibe einer Woche hat er nun die Ersatzausstellung „Kraftflächen“ mit Wiener Plakatkunst von 1895-1900 aufgestellt, die von 10. Juli bis 21. September zu sehen ist.



erschienen im Informationsdienst 03