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Kommentar von Antje Mayer

Die Internationale Sommerakademie Salzburg wird 50 Jahre alt

Salzburg ist eine internationale und eine sehr besucherorientierte Stadt. Selbst das McDonald-Schild in der Touristenmeile Getreidegasse ist restauratorisch einwandfrei in Brezelform designt. Eine noch internationalere Stadt ist Salzburg allerdings im Sommer, wenn sich jedes Jahr die gesamte Kunst- und Musikwelt in Mozarts Geburtsort versammelt. Dann umflort das barocke Juwel an der grünen Salzach nicht mehr nur wegen der japanischen Touristengruppen ein Hauch von großer weiter Welt. Dafür zeichnen sich mitnichten nur die Salzburger Festspielen verantwortlich, sondern noch eine andere berühmte Institution, die heuer bereits ihr 50. Jubiläum feiert: Die Internationale Sommerakademie, eine Art sommerliches Trainingslager für und von Künstlern in den Disziplinen Malerei, Zeichnen, Architektur, Design, Bildhauerei, Video oder Fotografie (heuer von 31.7. - 30.8.).

1953, vor einen halben Jahrhundert schon, als Österreich ökonomisch wie geistig stark vom Zweiten Weltkrieg gezeichnet war, gründete sie der gerade aus der Emigration zurückgekehrte österreichische Maler Oskar Kokoschka (1886-1980) mit Hilfe des Kunsthändlers Friedrich Welz. In Wien war der Maler nicht willkommen, also entschied er sich für Salzburg als Veranstaltungsort, genauer die dortige Festung, bis heute das Wahrzeichen der Stadt. Für eine kurze Zeit wenigstens wollte Kokoschka mit der Sommerakademie eine Art Gegenmodell zum traditionellen verbeamteten Akademiebetrieb etablieren. Die offenen Klassen böten, so war er überzeugt, einen neuen Freiraum, in dem spontaner und offener experimentiert werden könnte. Einen Neubeginn, ein Zeichen der Öffnung Österreichs sollte diese Einrichtung darstellen, aber auch „ein kulturelles Therapeutikum nach einer Phase mentaler Zerstörung“, so die derzeit amtierende Direktorin Barbara Wally.

Neben den Architekturkursen mit Clemens Holzmeister, Konrad Wachsmann und später Roland Rainer und den Bildhauerklassen von bedeutenden Künstlern wie Alfred Hrdlicka, Giacomo Manzù oder Ewald Mataré, war die „Schule des Sehens“ von Oskar Kokoschka das beliebteste Angebot. Kokoschka malträtierte die angehenden Künstler nicht mit Aktzeichnen und Objektstudien, sondern ermunterte sie vielmehr, das Gesehene mit schnell hingeworfenen Aquarellen sinnlicher und unmittelbarer umzusetzen. Korrekturen waren verboten. Denn, so Kokoschka, es interessierten „nicht die Knopflöcher, nicht die Fingernägel, sondern die Nervenpunkte, die Farbkomposition.“

Die Sommerakademie wird zum vollen Erfolg bei Schülern wie bei den Künstlern. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten gibt sich das Who and Who der internationalen Kunstwelt im sommerlichen Salzburg die Klinke in die Hand und so auch in diesem Jahr: Seine Ehre erweist heuer das Prager Enfant terrible Milan Knižák in Sachen Malerei, ebenso Hermann Nitsch. Shuhei Endo lehrt Architektur, Emilia und Ilya Kabakov die Installation und Katharina Sieverding Photografie.

Zum runden Geburtstag schenkt sich die Sommerakademie außerdem selbst eine Ausstellung in der Residenzgalerie Salzburg und einen Katalog: „Oskar Kokoschka und die Schule des Sehens – 50 Jahre Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg“ (08.08. - 09.09.03)



erschienen in Kunstzeitung Nr.83/Jul.03,S.20
Sommerakademie Salzburg -