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Kommentar von Antje Mayer

Stratege, kein Diplomat

Stephan Schmidt-Wulffen wurde wieder zum Direktor der Akademie in Wien gewählt

Doch wieder. Der deutsche Kurator und Kunstkritiker Stephan Schmidt-Wulffen (geboren 1951) hat es, mit knapper Stimmenmehrheit, noch einmal geschafft. Er wurde gegen die Londoner Kuratorin Clémentine Deliss und den österreichischen Architekten und „Akademie-Internling“ August Sarnitz für eine weitere Amtperiode bis September 2011 als Direktor der Akademie für Bildenden Kunst in Wien gewählt.
Und dass, obwohl der Widerstand gegen den seit 2002 regierenden Direktor in vergangener Zeit hausintern zusehends gewachsen war. Nicht zuletzt, weil er durch kurzfristige Kündigungen wohlverdienter Professoren wie den documenta- Künstler Peter Kogler von sich Reden machte. Auch die Neubestellung von unbekannteren Künstlern wie Matthias Hermann, Ex-Präsident der Secession, der künstlerisch bisher nur wenig international hervorgetreten ist und war, stieß bei vielen auf Unverständnis. „Stimmvieh für Wulffen“ schimpfte man jene hinter vorgehaltener Hand. Strukturelle Umstellung des Direktors wie die Abschaffung des Studiengangs „Textiles Gestalten“ und die Einführung des Bachelor-Studiums kritisierten manche als „kurzsichtige Anbiederung an den Markt“.
Schmidt-Wulffen ist ein Macher, ein Machtmensch, kein netter Diplomat, sondern knallharter Stratege, ein Mann mit den angeblich typischen deutschen Eigenschaften also, die im gemütlichen Österreich nicht immer so gut ankommen. Sicher tat der bis anhin reichlich verstaubten Institution frischer Wind einmal gut, sehr gut. Es musste aufgeräumt werden, aber Struktur ist nicht alles. Kunst bedarf Freiräume, Grauräume, Zwischenräume und die zu gestalten, ist Schmidt-Wulffens Ding eher nicht. Damit die Akademie in Wien wieder eine internationale renommierte Schule für Kunst wird, braucht es mehr, auch eine charismatische Persönlichkeit an deren Spitze, die vielleicht sogar selbst künstlerisch tätig ist, für die Organisation nicht das halbe Leben ist, sondern nur Mittel zum Zweck.



Dieser Artikel ist im Informationsdienst Kunst Nr. 374 am 5.4.2007 erschienen.