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Kommentar von Antje Mayer

Ulysses im Bild

Allein der Ort der Ausstellung ist den Weg im Sommer schon wert. Das Atelier im Augarten, die Außenstelle für zeitgenössische Kunst der Österreichischen Galerie Belvedere im zweiten Wiener Bezirk, liegt umgeben vom dichten Grün und dem Skulpturenpark des Gustinus Ambrosi-Museum, malerisch inmitten der Stadt.

Bis 15. August ist dort die bisher siebte Ausstellung „Ulysses. Die unausweichlichen Modalitäten des Sichtbaren“ der Institution zu sehen, die sich, wie der Titel schon sagt, nicht eigentlich der Kunst, sondern der Literatur widmet. Inhalt ist das Buch „Ulysses“ von James Joyce (1882-1941), das zum bekanntesten und übrigens wohl auch am wenigsten gelesenen der Literaturgeschichte (1914-21) gehören dürfte. Jedenfalls ist es Teil der „Bibliothek der ungelesenen Bücher“ des österreichischen Künstlers Gerhard Deutschbauer, der mit seinem Partner Julius Spring auch Teilnehmer der Ausstellung ist.
Für die, die das Jahrhundertwerk aufgrund seiner extremen Erzähltechnik nicht durchgehalten haben, weder in Originalsprache Englisch (vorbildhaft) noch in Deutsch (noch störrischer), noch einmal in Kürze die Handlung: 18 Stunden des 16. Juni 1904 werden in 18 Kapiteln, mit jeweils einer eigenen literarischen Besondernheit, beschrieben, die der Dubliner Jude Leopold Bloom erlebt. Dieser Tag wird jedes Jahr von Joyce-Fans bekanntlich als „Bloomsday“ gefeiert. Das Buch ist eine Art modernes Gegenstück zur Homers Odyssee, dessen „Dreh“ unter anderem darin liegt, dass das Heroische kleinbürgerlich gemacht wird.
James Joyce hatte mit seinem Werk einen immensen Einfluss auf andere Schriftsteller ausgeübt, aber auch auf bildende Künstler. Inwiefern, damit setzt sich die Ausstellung im Atelier Augarten auseinander, die Kurator Thomas Trummer zusammengestellt hat. Eigentlich ist es eher eine assoziative Zusammenstellung von Kunstwerken, die Motive des Buches zugeordnet werden können, manche direkt, manche mehr als indirekt. So gibt es ein Foto-Porträt, das Man Ray von James Joyce gemacht hat und Blätter von Joyce-Fan Joseph Beuys zu sehen. Die Schauspielerin Edith Clever liest unter anderem aus „Ulysses“ in einem Video unter der Regie von Hans-Jürgen Syberberg. Ein Aquarell der kürzlich verstorbenen Künstlerin Birgit Jürgenssen gemahnt daran, den Bloomsday nicht zu vergessen. Dass Franz West „Gerngross-Säule“, die auf einen gemeinsam verbrachten Tag mit dem Architekten Heinulf Gerngross referiert, auch schon in anderen Kontexten herhalten musste, sei verziehen. Genauso wie sich der Zusammenhang der gezeigten Arbeiten von Raymond Pettibon (USA), Markus Schinwald (A) oder Jonathan Monk (UK) mit dem literarischen Werk teils sehr konstruiert ausnimmt. Dennoch: Es ist eine originelle Ausstellung. Man spürt: Kurator Thomas Trummer hat sich persönlich und intensiv mit der „Ulysses“ auseinandergesetzt. Schön, daß sich einer heute noch so eine Arbeit macht. Lesens- äh Sehenswert!



Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: Ulysses. Das Buch, Thomas Trummer (Hg.), Ulysses. Die unausweichliche Modalität des Sichtbaren, mit einer Einführung in alle achtzehn Kapitel, Verlag Christian Brandstätter, ISBN 3-85498-378-6, Verkaufspreis: € 28.-
erschienen in Kunstzeitung Nr.95/ Juli 04,S.22
Atelier Augarten -