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Kommentar von Antje Mayer

Ohne Kulturprogramm?

Die Bankerin Claudia Schmied ist neue Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur in Österreich

Die SPÖ hat enorm viele Wahlversprechen durch die Koalitionskompromisse mit der ÖVP nicht eingehalten.Auch nicht das eines eigenen Kulturministeriums nach knapp sieben Jahren herabgestuften Staatsekretariat unter Ex-Burgschauspieler Franz Morak (ÖVP). Nun ist es halt ein Mega-Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur geworden, dessen Kunst- und Kulturbereich immerhin kein –in der Kulturszene eher unbeliebter- Schwarzer mehr, sondern eine neue -weitaus sympatischere- rote Ministerin leitet. Schmied hat in ihrem Doppelminsterium eigentlich zwei Vorgänger. In Sachen Auftreten stellt die Bankerin und bekennende Singlefrau mit Kurzhaarschnitt und Designerklamotten nämlich auch ihre stets bieder wirkende (und auch so agierende) Vorgängerin Elisabeth Gehrer in Schatten, ehemals nicht Ministerin für Kunst, sondern dafür für Unterricht-, Kultur- und Wissenschaft und ihres Zeichens einst Volksschullehrerin in Hart im Zillertal. Ob Schmied die beiden auch inhaltlich in den Schatten stellen kann, wird man erst sehen.
Die promovierte Wirtschaftsexpertin Schmied qualifiziert für ihr Amt, wie sie in den vergangenen Monaten nicht müde wurde zu beteuern, dass sie ihre Ferien immerhin nicht am Strand, sondern bei diversen heimischen Festspielen verbracht hätte. Beeindruckend oder eher selbst schuld? Dass die begeisterte Reiterin neben ihrem hochbezahlten Job bei der Firma Investkredit auch noch in den Kuratorien und Aufsichträten von Hochkulturinstitutionen wie den Salzburger Festspielen, der Theaterservice GmbH und des Vereins der Wiener Symphoniker saß, dürfte augenscheinlich großes Vertrauen bei den Kunstschaffenden schaffen, die im Off-Bereich arbeiten. Die haben nämlich in den vergangenen sieben Jahren für die Hochkultur und das Lieblings-Unwort Moraks „Kreativwirtschaft“ teilweise bis zum Aus darben müssen. Der Begriff „Kreativwirtschaft“, Inbegriff schwarzer Kulturpolitik, konnte sich leider in die neue Regierungsära hinüberretten. Ihr fühlt sich bedauerlicherweise auch die neue Koalition verpflichtet.
Schmieds Vita wirkt zugegebenermaßen moderner als die ihrer Vorgängerin Gehrer und ihres Vorgängers Morak und lässt frischen und professionellen (Kultur-)Wind erhoffen. Schmied hatte, so scheint’s, für alle ihre Nebenjobs soviel Zeit, weil sie keine Familie hat. Aber kann jemand ohne eigene Kinder auch die schwierige Frage der Jugendbildung kompetent angehen? Eigentlich ja, einen Mann würde man danach ja auch nicht beurteilen.
Rosen hat man der im Mai 48 Jahre alt werdenden Karrierefrau Schmied in den Medien bisher schon zu Genüge gestreut, offensichtlich deswegen, weil es sich erst einmal niemand mit ihr verscherzen will. Konkrete Vorschläge, wie man in Zukunft die Kulturpolitik des Landes gestalten will, konnte man jedoch bisher weder von ihrer Partei SPÖ (übrigens auch schon vor der Wahl nicht), noch aktuell von Schmied vernehmen.
Viel zu tun wäre. Interessant wird etwa werden, ob Schmied die Museumsdirektoren weiterhin an einer solchen langen Leine laufen lässt wie es Gehrer tat. Die Konkurrenzsituation wegen extrem ähnlicher Programmen müsste geklärt werden, genauso wie die Basisabgeltung der Museen (die Grundsubvention für die Infrastruktur), die, ginge es nach den Museen, endlich erhöht werden sollte. Eine objektive Evaluierung, wie es wirklich um die Häuser steht, steht aber angeblich noch aus. Die Frage ist außerdem von welchem Geld soll das finanziert werden und zum Nachteil von wem? Zum Nachteil der der Off- und Filmszene, die Schmied angeblich ganz besonders am Herzen liegen? Auch personell wird sich einiges in den Museen ändern. Eigentlich müsste Gehrer-Liebling Wilfried Seipel 2008 gehen, aber nun will er doch noch bleiben. Wie es ausschaut, verlängert Schmied seinen Vertrag noch einmal um zwei Jahre. So gewinnt sie Zeit, die sie offensichtlich dringend braucht, um endlich ein konkretes Kulturprogramm vorzulegen.



Text erschienen in Kunstzeitung 03/2007
Link:bm:ukk Bundesministerin Dr.Claudia Schmid - Link:Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur - Link:Salzburger Festspiele - Link:Art for Art - Theaterservice GmbH - Link:Wiener Symphoniker-vab - Link:Kunstzeitung -