Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Zwei Frauen haben Spaß am Entwerfen. Was sie von anderen ArchitektInnen oder männlichen Kollegen noch nicht unterscheidet. Dass sie aber in ihrem Büro nichts anderes als Wettbewerbe abwickeln und davon auch noch einen ökonomischen Erfolg beziehen, macht sie doch besonders. Vor allem besonders bescheiden. Sie arbeiten meist im Hintergrund, denken und gestalten für andere. Einige Projekte sind bereits in Bau und doch weiß man nicht um deren SchöpferInnen. Slowenin Danijela Gojic und die Grazerin Brigitte Spurej sprechen über ihre Frauenpower als Ideenscouts, ihre Nähe zur Kunst, Günther Domenig und andere Vorbilder.

Ferrarirote Frauenpower - im Gespräch mit Danijela Gojic und Brigitte Spurej

redaktionsbüro: Manuela Hötzl
Danijela Gojic, Brigitte Spurej:
- Wie kommt man auf die Idee, ein Wettbewerbsbüro zu gründen: Das bedeutet maximales Risiko und gleichzeitig die Tatsache immer im Hintergrund zu bleiben.
- Angefangen hat es damit, dass wir zusammen in einem Architekturbüro gearbeitet und dort die Gelegenheit gehabt haben, Wettbewerbe zu entwerfen, zu zeichnen und auch zu gewinnen. Dazu muss man sagen, dass unser Büro, so wie es jetzt existiert, nicht von Anfang an als Wettbewerbsbüro konzipiert war. Wir wollten zuerst nur ein Atelier, um zu malen.
Nach einigen Erfolgen bei Wettbewerben kamen immer mehr, und andere Architekten als Auftraggeber auf uns zu. Um das „für“, als Mitarbeiter in fremden Büros, nicht zu wiederholen, überlegten wir unsere Selbstständigkeit mit verschiedenen Partnern aufzubauen.
- Ihr habt also gemerkt, ihr seid gut im Entwerfen...?
- Wir haben vor allem gemerkt, dass wir nicht viel miteinander reden müssen, um dasselbe zu meinen. Das ist etwas sehr seltenes und so etwas spürt man nur sehr selten zwischen Menschen. Architektur ist schließlich etwas sehr persönliches. Für uns auf jeden Fall.
- Aber nicht so persönlich, dass ihr eure Projekte auch weiter betreuen wollt?
- Es geht nicht ums Wollen, der Architekt soll heute Manager sein, wirtschaftlich agieren - das Eigentliche, die Architektur, aber leidet oft darunter, wir haben uns deswegen gegen das leiden entschlossen. Bei den Wettbewerbsangeboten konnten wir fast nicht nein sagen, weil uns das immer am meisten Spaß gemacht hat. Bei der Ausführungsplanung mussten wir uns dann entscheiden: nämlich dagegen. Wir fühlen uns sehr wohl, so wie es jetzt ist. Wir wollen zurzeit kein größeres Büro, wo Baubesprechungen stattfinden, viele Mitarbeiter zu betreuen sind …Die Privatsphäre ist in unserem Büro wichtig. Wir brauchen diese Zeit, wo wir uns zurückziehen können.
- Und die Eitelkeit kam nie? Vor einem Gebäude zu stehen und zu sagen: Wir sind die Architekten?
- Unsere Arbeit passiert in einem Team mit mehreren Partnern - so wie Architektur eigentlich immer passiert.....Ganz lassen wir die Projekte auch nach dem Wettbewerb nicht los. Bei manchen Projekten werden wir auch weiterhin in den Prozess einbezogen und entscheiden in der Ausführung mit. Aber jetzt gibt es unser Büro seit drei Jahren und wir stehen eigentlich noch am Anfang. Die ersten Projekte werden gerade erst fertig. Der Schwerpunkt wird aber immer der Entwurf bleiben. Und gerade weil wir dafür gute Partner brauchen, wäre Eitelkeit für alle Beteiligten das Falsche.
- Ein paar Projekte sind in Bau, Projekte, die ihr gewonnen habt. Dabei verändert sich ein Gebäude immer. Tut das nicht weh?
- An der Form und den Details kann man ewig basteln und sie ändern, aber der Inhalt, die Idee die dahinter steckt ist das Unveränderbare an der Architektur, so wie wir sie verstehen. Deswegen ist es für uns wichtig, dass die Partner diese Idee mitentwickelt, um sie dann auch in diesem Sinne umsetzen zu können.
- Ein wenig Guerilla-Kampf ist es aber doch.
- Ja, aber auch Luxus. Und den können wir uns jetzt leisten. Andere überleben mit einem gewonnen Wettbewerb zwei Jahre. Wir müssen viele Wettbewerbe machen – und gewinnen.
Und wir haben auch das Glück, in letzter Zeit immer mehr Direktaufträge zu bekommen.
- Wie viel Wettbewerbe habt ihr in den letzten drei Jahren gewonnen?
- Mindestens 11.
- Und welche Erfolgsquote?
- 2003 waren es 70 Prozent.
- Ein ziemlicher Erfolgsdruck? Auch ökonomisch.
- Sicher, aber es motiviert uns auch. Jedes Projekt beginnt von null, mit einem leeren Blatt Papier. Dafür brauchen wir viel innerliche Energie, Kraft und den Glauben an sich selbst. Es gibt Tage, wo das nicht geht, dann setzen wir uns an die ferrarirote Kaffeemaschine, und lassen den Tag einfach passieren...
- Die zehn Prozent Entwurfsarbeit in anderen Architekturbüros, sind bei euch dann 100?
- Fast. Auf jeden Fall die längste Zeit. Die kürzeste Zeit ist, das Projekt lesbar für die anderen zu machen.
- Ihr seht euch lieber als Künstler. Und arbeitet auch so. Was ist euer künstlerischer Anspruch?
- Ohne die Kunst würde das Menschliche an uns, das was uns von anderen Wesen unterscheidet, ausgehungert. Kunst ist die Nahrung für die Seele. Das Elitäre an ihr ist, dass sie Sensibilität voraussetzt - nicht nur bei Künstlern, sondern auch bei denen, die sich damit auseinandersetzen.
In der Architektur ist der Inhalt – die Idee – ihre Seele und die Kunst darf, die Gedanken vollkommen frei zu Ende denken. Die Architektur wird von Gesetzmäßigkeiten, Normen und Nutzbarkeit begleitet. Diese Tatsachen nehmen wir an als selbstverständlich, und die Idee und ihre Geschichte wird immer neu zu Ende gedacht. Am Anfang steht dagegen immer eine Skizze.
- Das heißt ihr zeichnet noch mit der Hand?
- Ohne Geschmiere geht es überhaupt nicht. Die Skizze ist der Anfang und die Sammlung der Gedanken und Gefühle - sie verrät uns alles wonach wir suchen und begleitet das Projekt wie ein roter Faden bis ans „Ende“. Manchmal ist ihre Souveränität so gewaltig, dass sie einfach in die dreidimensionale Computerwelt übersetzt werden kann, ohne vorher einen Plan zu zeichnen.
- Günther Domenig hat im Interview mit dem FORUM Raimund Abraham zitiert. Sinngemäß: Abraham bräuchte keine Baustellen. Seine Zeichnung sei ihm schon Gebäude genug. Seht ihr euch in Domenigs Tradition?
- Goijc: In vielen Dingen hat Domenig uns in diesem Interview von der Seele gesprochen. Ich habe sicher am meisten über Architektur von ihm gelernt. Wir haben uns während meines Studiums sehr viel unterhalten. Oder ich habe einfach nur zugehört. Erst heute verstehe ich was er damals gemeint hat und wie viel man aus einer Skizze lesen kann, wenn dort Gedanken, Tatsachen, Relationen miteinander verschmelzen. Doch das muss man lesen können. Domenigs Qualität ist genau das. Er konnte dir das Gefühl für den Raum geben.
- Selten hört man von Lehrern als Vorbilder. Habt ihr noch andere?
- Natürlich gibt es einige, obwohl Vorbild sicher das falsche Wort ist. Wen wir noch erwähnen würden ist zum Beispiel eine Frau: Zaha Hadid.
- Ihr seid auch zwei Frauen. Ist eure Architektur denn weiblich? Gibt es überhaupt das Thema in der Architektur?
- Goijc: Vielleicht, obwohl ich in der Mode oder der Kunst nicht zwischen weiblicher und männlicher Autorenschaft unterscheiden kann. Vergleicht man aber Domenig mit Hadid, ist der Unterschied zwischen Strenge und Ästhetik vielleicht schon ein Unterschied der Geschlechter. Oder Zufall? Auf jeden Fall ist Architektur noch immer eine Männerdomäne, was einen Vergleich schwerer macht, weil es einfach nicht so viele bekannte Architektinnen gibt.
- Als „Sex in the City“ Fans: Gibt es dann auf der geschäftlich, gesellschaftlichen Ebene eine andere Gesprächskultur. Und ist das Frausein ein Vor- oder Nachteil?
- Männer kämpfen zuviel untereinander und vernichten bei ihren Streitigkeiten meist viel. Auch wir streiten, doch respektieren und schätzen wir uns zu 100 Prozent. Also kämpfen ohne zu bekämpfen. Auffällig ist aber, dass all unsere Partner männlich sind. Vielleicht weil sie unsere Weiblichkeit schätzen. Und damit auf jeden Fall eine andere Ebene mit hinein kommt.
- Welche Vorrausetzungen müssen die Architekten entgegenbringen? Ohne Namen zu nennen, habt ihr euch schon bekannte Architekten abgelehnt?
- Ja sicher, wir haben jemanden abgelehnt, der meinte, wir sollten seine Ideen in seiner Architektursprache im Büro einfach zeichnen, aber wir sind kein Zeichenbüro. Wir brauchen eine gewisse Freiheit und Partner, die mit unseren Vorstellungen übereinstimmen und Diskussionen als Bereicherung beiderseits sehen.
- Um zum Schluss die Neugier zu befriedigen. Woran kann man eure Architektur erkennen?
- Wir sind gar nicht auf der Suche nach einer einheitlichen Architektursprache. Es sind der Prozess und die Tatsachen der Aufgaben die Projekte schlussendlich alle unterscheiden.
Wir suchen nach dem Eingriff den der Ort überhaupt verträgt, um ihn nicht zu vergewaltigen und freuen uns über alle Extreme die uns erlaubt werden.
Es ist uns bewusst, dass die Aufgabe der Architekten eine Verantwortung gegenüber der Landschaft und der Menschen ist – die Natur ist verletzbar und man kann ganze Landstriche und Bereiche zerstören und zuschauen wie es blutet.
- Wie soll euere Zukunft ausschauen, könnt ihr diese Power halten?
- Pläne für die Zukunft gibt es nicht. Aber vielleicht sitzen wir doch eines Tages in einem Penthousebüro mit 200 Mitarbeitern und schreiben Schlagzeilen...(lachen!)
Danijela Gojic: Geb. 05.12.1968 in Maribor, Slowenien, 1990-1997 Architekturstudium an TU Graz, seit 2001 Büro mit Brigitte Spurej – gojic_spurej_architects

Brigitte Spurej Jammernegg: Geb. 28.09.1972 in Klagenfurt, 1991-1999 Architekturstudium an TU Graz, seit 2001 Büro mit Danijela Gojic – gojic_spurej_architects

erschienen in Architektur & Bauforum, Nr.23/ Jul.04, S.4ff