- Können Sie sich vorstellen, dass solche praxisbezogenen Projekte auch studiumübergreifend (z. B. Ethnologie, Soziologie, Architektur und Raumplanung) funktionieren? Also ohne NGO, sondern interdisziplinär alle Bereiche abzudecken. Wie sehen Sie die Kommunikation zwischen GeWi und Technikerinnen, Künstlern. Mir ist selbst schon aufgefallen, dass es teilweise sehr schwierig ist sich zu verstehen – jeder spricht und deutet in Codes und ist mit seinen Werkzeugen verhaftet. Wie kann man Interdiszplinarität schaffen, und wie das Verständnis für Zusammenarbeit fördern?
- Ich würde das sehr gerne machen, aber als Lernprojekt, nicht als Umsetzung. Ich würde nicht den Anspruch erheben, wir wären diejenigen, die jetzt das Problem lösen, sondern wir sind diejenigen, die vielleicht auch darüber nachdenken. Der Lerneffekt ist das Wichtige. Solche Projekte brauchen ein Semester Aufbau und ein Semester Realisierung plus Evaluierung und Abbau. Sie müssen also über ein ganzes Jahr laufen, und wenn Geld der Universität oder Sponsoren herangezogen wird, auch etwas Herzeigbares geleistet werden. Ein Text ist auch etwas Angreifbares, hat eine Wirkung, schafft mir einen Raum, in dem ich mich dann bewegen kann.
Es zeigt sich, dass Teamarbeit an sich Schwierigkeiten bringt und manchmal sogar leichter ist, wenn die Leute aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Man muss sich rechtzeitig darüber verständigen, wo die Sichtweisen andere sind, wo die Sprache anders ist, und es hängt auch immer von den einzelnen Individuen ab. Mit den anderen umzugehen kann man lernen, man muss sich nur dessen bewusst sein, dass eine Differenz da ist, und Scheitern ist wie das Falsifizieren einer These.
Je weniger man von oben plant und strukturiert desto besser. Das ist ja auch, was in der Umsetzung selbst passieren soll und betrifft die Struktur der diversen Kooperationen genauso. Die Projekte laufen umso besser, je bodenständiger, je erdiger, je basisnaher sie sind. Im neuen Studienplan der Internationalen Entwicklung sind Forschungsseminare vorgeschrieben. Wir arbeiten an einem Projekt mit der TU in Uganda, wir haben ein paar Leute, die mit der Boku zusammenarbeiten, und meistens kommen solche Projekte über die Studierenden zustande. Wir müssen daran arbeiten, dass sich die Gesellschaft als Ganzes ändert. Der Einsatz im Süden gehört natürlich auch dazu, aber das, was sich hier ändert, ist viel wesentlicher. Die Entwicklung hier ist leider in einer regressiven Phase – dank eines ungehemmten expandierenden Kapitals werden die sozialen und nationalen Mechanismen
im sozialen Bereich abgebaut.
Wir dürfen uns nicht einreden, dass wir den Umschwung herbeiführen werden, aber vielleicht tragen wir ein bisschen dazu bei, inklusive der offenen Architektur.