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AUSTRIAN AFRIKA

HANDBUCH AFRIKA

redaktionsbüro: Marlene Wagner
Walter Schicho:
- Können Sie die Ideen oder Grundlagen von „Entwicklungs Zusammen Arbeit“ (EZA) kurz erläutern, bzw. derzeitige primäre Anliegen und Probleme schildern?
- Es gibt einerseits die selbstgeführte, diskursive Ebene, welche zurzeit von den Zielen der MDGs (Millennium Development Goals, Millenniumsziele der Vereinten Nationen) dominiert wird. Alles was irgendwie der Armutsbekämpfung dienen kann, ist Ausgangspunkt, Basis und erklärtes Ziel der EZA. Die andere, etwas dunklere Seite ist die EZA als Wirtschaftssektor. International gesehen gibt es relativ viel Geld, das auf dem Markt umgesetzt
werden muss, und verschiedene Akteure können gut davon Leben. Ein ziemlich beinhartes Business, indem es im Grunde weniger um die Probleme und Anliegen der „zu Entwickelnden“ geht als um das Florieren dieses Wirtschaftszweiges. Die Frage, ob alle, die das Geld beziehen, auch verdienen, will ich hier nicht anschneiden, das muss man im konkreten Fall untersuchen. Es ist aber ganz sicher so, dass der größere Teil dieser Experten international
und national einfach überbezahlt ist. Aber es macht wenig Sinn, gegen jemanden oder etwas zu kämpfen, da ist viel
besser, für etwas zu kämpfen.
-
Die Architektur beschäftigt sich gerade oder wieder sehr mit den Ländern des Südens – Der 14. Wiener Architektur Kongress unter dem Thema „bottom up – bauen für eine bessere Welt“, Bücher wie „design like you give a damn“ von architecture for humanity, Rem Koolhaas untersucht in Lagos die Strukturen und die Biennale in Venedig widmet sich den großen Ballungsräumen (die sich vermehrt auf der Südhalbkugel befinden). Und auch viele Studierende fragen sich, was Architektur der Welt Gutes tun kann, abseits vom Funktionieren oder hübsch Aussehen. Woher kommt das Interesse an diesen Ländern – ist es Angst oder wollen wir wirklich etwas lernen und verändern?
- Meine Beziehung zu dem Bereich ist eigentlich mit meiner Dissertation zu Ende gegangen. Ich habe mich in den 60er-Jahren ein bisschen im Bereich der Konstruktion von angepassten Gebäuden umgeschaut, aber nie sehr systematisch, und was in der letzten Zeit passiert, kenne ich nur aus den Medien. Was ich aber allgemein sagen kann, ohne konkret informiert zu sein, ist dass es immer eine mehr oder minder an- und abschwellende Tendenz gibt, diese Regionen außerhalb der eigenen Lebensform („nicht westlich“) zu beachten. Das hat aber weniger mit Architektur oder Bauwesen zu tun als mit der Beziehung vom Westen mit „dem Rest“. Es gibt in den Disziplinen immer wieder Punkte, an denen man anstößt. Die einzelnen Architekten, Theoretiker oder Künstler suchen etwas, um über den Punkt, an dem sie anstehen, hinauszukommen. Es ist interessant, sich ausgefallenen, oder bis jetzt nicht in Betracht gezogenen Dingen zu widmen. Ob das jetzt ländliche Bauformen in Österreich sind oder Konzepte – traditionell oder nicht traditionell –, die man in Afrika oder sonst irgendwo realisiert sehen kann, sehe ich als keinen großen Unterschied.
Es geht vielmehr um die Suche nach neuen Lösungsmöglichkeiten, Methoden, Alternativen und dabei ständig neuen Anforderungen. Anforderungen in Bezug auf Umweltverträglichkeit, ökologisches Bauen, Materialwahl, Ressourcenmanagement, und Technologien. Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, mit Lehm zu bauen? Burgenländische Bauern, die in solchen Häusern gewohnt und nur den Tag erwartet haben, bis sie ihr neues Fertigteilhaus hinstellen können. In der Auseinandersetzung mit traditionellem Bauen oder Konstruktionsformen kann man Lösungen finden, die sehr viel älter sind. Der Charme ist ja, dass die Dinge fast wie „selbstverständlich“ entstanden sind. Und dann werden zum Beispiel Wege angelegt, die überhaupt nicht dem Bedarf, dem Wunsch, den Strategien der Leute entsprechen. Es gibt so viele Kleinigkeiten, die unheimlich viel Bedeutung haben.
- Aber wenn im Sinne der nicht durchdachten Wegeführung in unserem Kulturkreis schon falsch geplant wird, wie ist das dann, wenn wir quasi in eine andere Welt fahren und unsere Ansichten dort in gebaute Strukturen verwandeln?
- Im Grunde sollte, wie der Diskurs der Partnerschaftlichkeit und Partizipation in der EZA, zuerst auf diejenigen geschaut werden, die es betrifft, und gemeinsam oder deren Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechend geplant werden. Das wird ja auch hier zunehmend gemacht und im Süden macht sehe ich dazu keinen Unterschied. Das, was wir hier gut machen, das dürfen wir dort auch machen, und das, was wir hier falsch machen, das ist dort auch falsch, vielleicht sogar doppelt falsch. In Österreich setzt sich vielleicht eine Bürgerinitiative oder ein Bauherr zur Wehr, aber in einer Situation, in der zwar für diese Menschen gebaut wird, sie aber eigentlich nicht die Bauherren sind, weil Dritte bezahlen, werden sie sich nicht zur Wehr setzen, aus Angst, dass sonst gar nichts entsteht.


- Was im Architektur-Diskurs teilweise kritisiert wird, ist, es wäre ein oberflächlicher Trend und die Gefahr besteht, dass Architektur als optisch geprägte Disziplin nur die Slumästhetik zitiere, aber sonst nichts. Bücher wie „shanty town shick“, eine Wellblechhütte im Museum, Texturen und leere Visualisierungen von Statistiken. Was denken Sie darüber?

- Das kann man nicht verhindern, aber es sind keine sinnvollen Planungsansätze, ich muss sinnvoll Architektur und Städteplanung machen – für die Menschen, die dort wohnen, und nicht für die Menschen, die dort hinreisen und sich das anschauen. So schön ein Slum sein mag, vor allem fotografiert, wo man nicht riecht, wie es dort real ist, aber das ist ja nicht im Interesse der Leute. Ich kann ja auch nicht von den burgenländischen Bauern verlangen, dass die ein Leben lang in einem nassen Haus leben, nur damit ich, wenn ich einmal am Wochenende dorthin fahre, ein malerisches Haus sehe.
Man kann diesen von künstlerischen oder feinsinnigen Empfindungen geprägten Blick oft nicht vermeiden, aber planen muss ich für die Leute, die dort sind, und wenn ich das tue, wird sich automatisch ergeben, was unbedingt notwendig und was auch machbar ist. Nicht alles, was man als ideal ansehen würde, ist auch machbar. Man muss einen Mittelweg finden und ich glaube, gerade wenn jemand es fertig bringt, mit den Bedingungen, den Ressourcen vor Ort und mit den Leuten, für die gearbeitet wird, zu operieren, dann würde ich sagen, ist es eine erfolgreiche Tätigkeit.
- Inwieweit kann die westliche Welt von den Ländern des Südens lernen? – Im Umgang mit Infrastrukturen, mit öffentlichem Raum und der Stadt. Wie kann man deren Wissen oder Gewohnheiten in Bezug auf Ressourcen nutzen und auf unsere Standards umleiten?
- Diese Berührtheit oder diese Motivation entsteht im Anblick des Katastrophalen, des Armen, des nicht Funktionierenden – die geht nicht sehr tief. Was tatsächlich wirkt, ist die eigene Betroffenheit. Wissen entsteht ja aus der die Analyse von Daten, und wenn jemand es hundertmal anders macht, deswegen weiß er nicht, wie es geht. Er macht es einfach. Das Wissen entsteht aus der Betrachtung dieser Phänomene, und wenn ich dieses Wissen brauchen kann, egal wo und egal aus welchen Daten, dann ist es gut. Immer, wenn die Distanz größer ist, wenn Sprünge da sind, ist es deutlich anders als ich zu formulieren gewohnt bin. Es entsteht ein Wissen, das viel sichtbarer ist, aber es ist schlecht wenn es als Lösung angesehen würde.
Es gibt diese weinerliche Tendenz vom globalen Lernen – wir machen alles falsch, die machen alles richtig. Das ist kompletter Unsinn. Alle machen was falsch, alle machen was richtig, und das was heute richtig ist, ist morgen vielleicht falsch. Es geht darum, möglichst präzise aus dem, was man sieht, erfährt, und aus dem, was andere gesagt haben, das Wissen zu ziehen, das man braucht. Ich sehe da nicht unbedingt Grenzen, warum uns das Wissen aus der Beobachtung einer Kleinstadt irgendwo in Kolumbien weiterbringen sollte als das Wissen, das wir aus der Beobachtung von Mistelbach gewinnen.
Der große Unterschied ist tatsächlich, wie ich damit umgehe. Ich kann mir etwas anschauen und sagen „schön, das ist malerisch“, oder „das ist abscheulich und furchtbar – da muss ich was tun“. Oder ich frage mich: „Was sehe ich, worauf ist das zurückzuführen, was sind die Komponenten, wo fange ich an und was passiert, wenn ich etwas verändere?“

- Wenn wir schon beim greulichen Wohnen sind – der Begriff Slum wird ja sehr schnell verwendet. Informelles Wohnen im Großen, wie sehen Sie diesen Bereich bzw. die Schwierigkeit einer Definition dieses Begriffs, auch im Vergleich verschiedener Disziplinen? Wie wird der Begriff in der EZA verwendet?

- Ich habe nicht wirklich den Eindruck, dass der Begriff Slum so schwammig ist, aber das wird von Disziplin zu Disziplin verschieden sein. Für die sozialwissenschaftlichen Disziplinen ist der Begriff durch ganz bestimmte Instabilität des Wohnortes und der Wohnumgebung geprägt. Arbeitslosigkeit, Tätigkeiten im informellen Sektor können hinzukommen, aber es gibt durchaus auch Menschen, die formellen Tätigkeiten nachgehen. Es entstehen etwas andere soziale Netzwerke, vor allem aber geprägt durch die Unsicherheit, die prekäre Existenz aufgrund unterschiedlicher Arten von Illegalität. Kein Leben auf Dauer, kein Einrichten, keine Kontinuität, das sind Slums. Die Konsequenzen daraus sind dann Probleme im Bereich der Bildung, der Gesundheit und der gesamten Lebensumstände. Die Frage, inwieweit bestimmte Achelems staatlichen sozialen Wohnungsbaus in Europa Slums sind, ist schwierig zu definieren. Aber mit Blick auf Afrika ist der Begriff Slum mit den sozialen Strukturen ziemlich deutlich.
- Ich bin selbst vor einem Jahr aus Südafrika zurückgekehrt, eine Gruppe von 20 Studierenden hat in sechs Wochen einen Kindergarten in Orangefarm, einem Township bei Johannesburg, gebaut und davor in Wien geplant. Zusammen mit der NGO sprach von Christoph Corherr und Education Africa vor Ort. Am Ende blieb aber schon die Frage: Was haben wir da jetzt eigentlich gemacht und wem bringt das was? Viele Universitäten haben Projekte im Sinne „build togehter, learn togehter“ auch im Umgang mit Material und Infrastruktur. Was halten Sie von solchen Praxis-Projekten, auch aus EZA Sicht? Was bringt es wem?
- Ich sehe solche Projekte sehr positiv. Natürlich kann man argumentieren: Hilfe zur Selbsthilfe – mischt euch da nicht rein, stellt euch nur daneben und sagt, wie man aus Lehm einen Ziegel macht. Ziegel machen können sie aber schon, also sind wir überflüssig und schicken nur das Geld, das Geld verschwindet und niemand hat was davon. Man kann sagen, es wäre ein entwicklungspolitischer Fehler, aber das sind die Tätigkeiten von mehreren sozialen Gruppen zusammen, bei denen mehr entsteht als ein Gebäude oder Abhängigkeiten der Nehmer.
Ich glaube, dass diese Projekte mit mehr Nutzen als mit Schaden verbunden sind. Ganz abgesehen davon, dass es für Architekturstudierende interessant ist, einmal unter ganz anderen Bedingungen Projekte umzusetzen, mit anderer Arbeitsorganisation konfrontiert zu sein. Durch die völlig neuen Bedingungen, was Material, Lieferung, Arbeitszeit, Intensität und Kompetenz betrifft, werden manche Dinge infrage gestellt und da ist zweifellos ein Lerneffekt vorhanden.

- In Architekturmedien kam öfters der Vorwurf des Kolonialismus, ein österreichischer Stil würde an Orte gebracht, die eigentlich anders auszusehen haben. Es ist vielleicht schon ein Unterschied, ob Schulklassen oder Architektinnen planen und bauen – bei Materialwahl, Technik oder Kosten wird schon mal ein Auge zugedrückt fürs schöne Aussehen

- Das wichtigste Argument dabei dagegen ist McDonalds – wenn McDonalds darf, warum sollen andere nicht dürfen? Dieser Vorwurf des Kolonialismus ist jetzt einfach Mode. Nachdem das Postmoderne so abgelutscht war, dass keiner mehr davon reden wollte, haben wir den Postkolonialismus entdeckt. Es wird immer Asymmetrien geben – Geld, Macht, politische Kompetenz und Einfluss werden sich immer auswirken. Deswegen jetzt alles pauschal als patriarchal und kolonial oder postkolonial zu bezeichnen, ist eine etwas billige Form der Kritik. Wesentlich ist nicht was gebaut wird, sondern wie es gebaut wird.


- Es gibt sehr viele verschiedene Organisationen, zum Teil architektonische Gruppierungen, NGOs, kirchliche Organisationen, Volunteerprojekte. Worauf wäre zu achten, wenn Studierende an solchen Projekten teilnehmen wollen. Wie erkennt man ein sinnvolles Projekt und wie sollte es laufen?
- Es kann die beste Adresse täuschen. Ich kann an ein Caritasprojekt kommen – und die Caritas gehört für mich zu einer der wenigen Organisationen, wo ich unbedenklich spende, aber auch da kommen Projekte vor, bei denen alles falsch rennt. Umgekehrt kann es obskure Projekte geben, die in sich stimmig sind. Feststellen kann man das aber wohl erst, wenn man ein bisschen Erfahrung hat und wenn man die Nase schon rein gesteckt hat. Natürlich gibt es gewisse Merkmale, je weniger großartig und konkreter die Dinge sind desto eher kann man annehmen, dass es gut läuft. Selbst ein Spendengütesiegel sagt nicht unbedingt etwas über die konkrete Verwendung von Geldern innerhalb einer großen Organisation aus. Dafür kann man nur das eigene Gespür entwickeln.

- Was ich am Architekturkongress bottom up so schade gefunden habe, ist, dass da drei Tage fast nur ArchitektInnen Projekte vorgestellt und diskutiert haben, und als zum Schluss dann klar wurde, dass Architektur alleine nicht die Welt umgestalten wird, blieb eine ganz seltsame Leere im Raum. Haben Sie schon mit Architektinnen zusammengearbeitet oder kennen Sie interessante Projekte? Wie sehen Sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Architektur?

- Ich habe noch nie wirklich mit Architekten zusammengearbeitet, aber ich glaube, es würde mich interessieren. Wir arbeiten im Forschungsseminar „Licht für Afrika“ gemeinsam mit der Firma Osram an nachhaltiger Produktion und Verwendung von elektrischer Energie in verschiedenen Teilen Afrikas. Gerade in der Architektur-Diskussion sind die Fragen der Einbettung in ein physisches Umfeld, Einbettung in ein soziales Umfeld, Fragen zum Gebrauchswert von Dingen allgegenwärtig. Wie mache ich Dinge leichter, steuere den Zugang und Nutzung, wie mache ich Dinge selbstverständlich.
Eineinhalb Jahre habe ich Häuser in Nord-Togo vermessen und gezeichnet und die übliche Konsequenz gezogen, dass die „traditionellen Häuser“ alle viel besser angepasst und praktischer sind. Im Gegensatz zu den modernen, mit sehr schlampig hergestellten Lehmziegeln aufgezogen und mit Wellblech gedeckt. Man kommt leicht auf die Schiene „früher wäre besser gebaut worden“, aber das neue Haus verleiht Prestige, wird von den Bewohnern gewollt, und das muss ich akzeptieren.
- Auch von Südafrika kenne ich das Bild der uniformen Würfel. Die selbstgezimmerten Wellblechhütten weichen, gefördert durch den Staat, dem immergleichen Ziegelhaus mit minimaler Gartenfläche - so weit das Auge reicht. Auch im Zuge der WM soll ein Bild erzeugt werden – es gäbe keine informellen Ansiedlungen mehr.
- Gemeinde Wien in den Fünfzigerjahren nichts anderes – schaut nur ein bisschen anders aus. Ich habe eine Zeit lang in Lubumbashi (Kongo) gelebt und unterrichtet, und da wurden ganze Stadtviertel von Minen- und Eisenbahn-Gesellschaften hochgezogen. Diese Würfel strahlen aber nach sechzig Jahren des Bestehens einen ganz interessanten Charme aus. Die Leute leben gern dort, verglichen mit den mehrstöckigen Wohngebäuden ohne eigenen Außenraum. Natürlich gibt es bessere und schlechtere Wohnpolitiken, die Wiener Stadtverwaltung hat ein bisschen dazugelernt. Die Pariser Stadtverwaltung hat auch gelernt, konnte aber trotzdem nicht die Banlieues in den Griff bekommen. Man lernt aus den Fehlern, und das muss möglicherweise immer so sein.
Wenn jetzt Südafrika was falsch macht, wer nimmt sich das Recht heraus, zu sagen „ihr macht was falsch“? Das führt nur zu einer Gegenposition oder einer passiven Haltung. Eine Veränderung geht wieder nur über den Diskurs, über das Wissen und die Aneignung von Wissen. Je besser die zuständigen Planer, Politiker und Architektinnen informiert sind, desto besser läuft es. Also muss man den Leuten, sofern sie willig sind, die Möglichkeit geben, sich verschiedene Dinge anzuschauen und ihre Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Ich glaube immer noch, dass diese hässlichen Würfel besser sind als ein Behelfsbau, den man einem jederzeit auch wieder wegräumen kann – schon alleine wegen der Rechtssicherheit, eine Adresse zu haben und selbst Verantwortung zu tragen.

- Können Sie sich vorstellen, dass solche praxisbezogenen Projekte auch studiumübergreifend (z. B. Ethnologie, Soziologie, Architektur und Raumplanung) funktionieren? Also ohne NGO, sondern interdisziplinär alle Bereiche abzudecken. Wie sehen Sie die Kommunikation zwischen GeWi und Technikerinnen, Künstlern. Mir ist selbst schon aufgefallen, dass es teilweise sehr schwierig ist sich zu verstehen – jeder spricht und deutet in Codes und ist mit seinen Werkzeugen verhaftet. Wie kann man Interdiszplinarität schaffen, und wie das Verständnis für Zusammenarbeit fördern?

- Ich würde das sehr gerne machen, aber als Lernprojekt, nicht als Umsetzung. Ich würde nicht den Anspruch erheben, wir wären diejenigen, die jetzt das Problem lösen, sondern wir sind diejenigen, die vielleicht auch darüber nachdenken. Der Lerneffekt ist das Wichtige. Solche Projekte brauchen ein Semester Aufbau und ein Semester Realisierung plus Evaluierung und Abbau. Sie müssen also über ein ganzes Jahr laufen, und wenn Geld der Universität oder Sponsoren herangezogen wird, auch etwas Herzeigbares geleistet werden. Ein Text ist auch etwas Angreifbares, hat eine Wirkung, schafft mir einen Raum, in dem ich mich dann bewegen kann.
Es zeigt sich, dass Teamarbeit an sich Schwierigkeiten bringt und manchmal sogar leichter ist, wenn die Leute aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Man muss sich rechtzeitig darüber verständigen, wo die Sichtweisen andere sind, wo die Sprache anders ist, und es hängt auch immer von den einzelnen Individuen ab. Mit den anderen umzugehen kann man lernen, man muss sich nur dessen bewusst sein, dass eine Differenz da ist, und Scheitern ist wie das Falsifizieren einer These.
Je weniger man von oben plant und strukturiert desto besser. Das ist ja auch, was in der Umsetzung selbst passieren soll und betrifft die Struktur der diversen Kooperationen genauso. Die Projekte laufen umso besser, je bodenständiger, je erdiger, je basisnaher sie sind. Im neuen Studienplan der Internationalen Entwicklung sind Forschungsseminare vorgeschrieben. Wir arbeiten an einem Projekt mit der TU in Uganda, wir haben ein paar Leute, die mit der Boku zusammenarbeiten, und meistens kommen solche Projekte über die Studierenden zustande. Wir müssen daran arbeiten, dass sich die Gesellschaft als Ganzes ändert. Der Einsatz im Süden gehört natürlich auch dazu, aber das, was sich hier ändert, ist viel wesentlicher. Die Entwicklung hier ist leider in einer regressiven Phase – dank eines ungehemmten expandierenden Kapitals werden die sozialen und nationalen Mechanismen
im sozialen Bereich abgebaut.
Wir dürfen uns nicht einreden, dass wir den Umschwung herbeiführen werden, aber vielleicht tragen wir ein bisschen dazu bei, inklusive der offenen Architektur.

Walter Schicho: "Handbuch Afrika.Lexikon in drei Bänden"
- Bd. 1: Zentralafrika, Südliches Afrika und die Staaten im Indischen Ozean
- Bd. 2: Westafrika und die Inseln im Atlantik
- Bd. 3: Nord- und Ostafrika, östliches Zentralafrika

Brandes & Apsel, Frankfurt / Südwind, Wien
Link:Univie.ac.at/Handbuch Afrika - Link:Amazon/ Handbuch Afrika - Link:EZA fairer Handel - Link:UN/ The UN Millenium Develeopment Goals - Link: Architekturzentrum Wien/Bottom up.Bauen für eine besser Welt - Link:Archietecture for Humanity- Design like you don´t give a damn - Link: La Biennale/Architecture - Link:Education Africa -