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Gebaute Vision

Interview mit Laurids Ortner

redaktionsbüro: Antje Mayer
Laurids Ortner:
- Über ein Jahrzehnt haben Sie darum gekämpft, dass Ihre Vision eines Museumsquartiers im einstigen Messepalast gebaut wird. Jetzt endlich steht sie da, die Vision. Was empfinden Sie?
- Bei solchen langwierigen Projekten ist es wie bei einer großen, langen Liebe: Wenn sie zu Ende geht, fällt man erst einmal in ein großes Loch. Aber ich bin es zufrieden. Die Anstrengung hat sich gelohnt.
- Anstrengend waren vor allem die parteilichen Streitigkeiten und die medialen Grabenkämpfe im Vorfeld?
- Ich kann niemand vorwerfen, dass er seine Meinung geäußert hat. Das war und ist jedermann gutes Recht. Ich kann in das Gejammer um die Dinge, die letztendlich nicht passiert sind, nicht einstimmen. Wunderbar genug, dass das Museumsquartier endlich steht.
- Um den berühmt berüchtigten Leseturm ist es Ihnen nicht leid?
- Der Dialog über den Fischer-von-Erlach-Trakt mit der Stadt durch ein signifikantes Zeichen wie einen Turm konnte derweil nicht stattfinden, wird aber nun in einer zweiten Bauphase ernsthaft angedacht. Genauso wie ein Gebäude an der Ecke zur Mariahilfer Straße, für dessen Bau sich bekanntlich eine Bank interessiert.
- Was könnte ein solcher Turm außer einer Bibliothek bieten?
- Meine favorisierte Idee ist ein Kampanile mit einer Aussichtsplattform und verschiedenen Ebenen, auf denen intime Salons angeboten werden für kleinere Events und Ausstellungen.
Dessen ungeachtet: Das Museumsquartier wird doch nicht durch ein solches Bauwerk allein nach außen kommuniziert, sondern wesentlich durch die Inhalte, die transportiert werden. Die historische Fischer-von-Erlach-Fassade will ich nicht als Manko interpretieren. Sie wird in Kürze mit dem Museumsquartier identifiziert werden. Der Kampf zwischen Historie und Moderne ist längst passé. Das Alte kann das Neue präsentieren.
- Was ist vom ursprünglichen Entwurf für das
Museumsquartier noch gekappt worden?
- Das ganze Projekt wurde um knapp ein Viertel verkleinert. Die Gebäude sind niedriger geworden, gewisse Teile sind nun in die Erde eingelassen. Dort befindet sich etwa noch einmal soviel Substanz wie überirdisch.
- Was darf man auf dem Vorplatz erwarten?
- Von mir nicht viel. Ein großer beruhigter, eleganter Platz ohne Bäume, der mit Platten aus einem wesentlichen Baumaterial des Museumsquartiers, dem Kalksandstein, den man auch beim Leopoldmuseum findet, verlegt ist. Ein Streifensystem nimmt die Einteilung der Fassade auf und kennzeichnet den Eingang. Wir wollten keine großen Attitüden oder Saltos schlagen, sondern für temporäre Events und Installationen Raum bieten, die auf das Innen verweisen können.
- Auch im Inneren gibt sich das Areal mit den zwei Museumskästen, das weiße Leopoldmuseum und die schwarze "Dampfnudel", das Museum Moderner Kunst Ludwig, bewusst zurückhaltend und klassisch?
- Was das Museumsquartier von anderen Kulturinstitutionen unterscheidet ist, dass dort Kultur produziert wird, nicht nur gezeigt und gesammelt wird. Dort wird sich allein schon durch die über zwanzig ansässigen Institutionen und die Lokale ein unwahrscheinlich buntes Leben entwickeln. Für das haben wir eine Bühne geschaffen, die nicht zusätzlich noch eine modische Pseudolebendigkeit und -jugendlichkeit vermitteln muss. Die Situation dort ist phantastisch genug: Diese Mischung aus großen Freiflächen, verschwiegenen Plätzen und lauschigen Hinterhofgärten, mitten in der Stadt in einem eingefassten Areal.
- Und Ihre Museen sind dabei die Rückzugburgen, in denen man fern des bunten Treibens Kunst konsumieren kann?
- Ja, keinesfalls andächtig, aber konzentriert und in Ruhe. Wer sich für die Museen entscheidet, knöpft sein Sakko zu und tritt in eine andere Welt.
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Ortner Baukunst -