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Die promovierte Kunsthistorikerin Agnes Husslein-Arco (Jahrgang 1954) machte von 1981 bis 2000 bei Sotheby's Karriere – unter anderem als Geschäftsführerin für Österreich. Außerdem arbeitete sie für das New Yorker Guggenheim Museum als Director of European Development. Seit 2000 leitet die Österreicherin das museum der moderne salzburg (mdm). Im Interview mit Antje Mayer macht Agnes Husslein ihrem Frust über die dortige Situation Luft.

„Ich werde für politische Machtkämpfe vereinnahmt“

Agnes Husslein über den Salzburger Intrigantenstadel

redaktionsbüro: Antje Mayer
Agnes Husslein:
- Medien, Politiker, aber auch einige ihrer Kollegen werfen Ihnen in regelmäßigen Abständen vor, Sie würden sich zu wenig um ihr Haus kümmern, und es fehle Ihnen an fachlicher Kompetenz als Museumsleiterin. Die „Fachwelt in halb Europa“, meint der "Grüne" Cyriak Schweighofer sogar zu wis-sen, würde „die Nase über Husslein rümpfen“.
- Das sind alles bescheidene Vorwürfe, die die Medien voneinander abschreiben, ohne sich die Mühe zu machen, mich an meiner Arbeit zu messen. Ich möchte jedoch an meiner Leistung gemes-sen werden und am Programm des Museums. Hat jemand, wie ich heuer im mdm.rupertinum, eine Dubuffet-Retrospektive in Österreich zusam-mengebracht? Nein. Fachliche Kom-petenz? Ein vager Begriff, den wer definiert? Ich besitze jedenfalls weit mehr unternehmerische Erfahrung als viele meiner Kollegen.
- Warum dann diese Anfeindungen? Sind das noch Nachwehen der Affäre um die Geburtstagsfeier des FPÖ-Politikers Thomas Prinzhorn vor drei Jahren, kurz nach dem schwarz-blauen Re-gierungswechsel?
- Den Event hatte damals nicht ich, sondern mein Mann privat ausgerichtet. Ich war halt als Ehefrau mit dabei. A guade Gschicht! Meinem Mann konnte man nicht wehtun, also sah man es auf mich, die Geschäftsführerin von Sotheby’s, ab. Das hat mich sehr verletzt. Es war furchtbar. Ich habe auch ein Recht auf Privatleben. Es war keine offizielle, sondern eine private Veran-staltung.
- Zu einem sehr sensiblen Zeitpunkt...
- Wir leben in einer Demokratie. Ich wollte nie etwas mit der FPÖ zu tun haben. Doch seither werde ich für politische Machtkämpfe vereinnahmt, vor allem von den "Grünen" in Salzburg, allen voran von Herrn Cyriak Schweighofer. Ich wollte nie etwas mit der FPÖ zu tun haben.
- Dass Sie der ÖVP nahe stehen, ist ein offenes Geheimnis. Nimmt man Ihnen das in Kulturkreisen übel?
- Nicht nur dort. In Österreich scheint es immer noch ein Stein des Anstoßes zu sein, von einem Auktionshaus wie Sotheby’s in die leitende Position eines Museums zu wechseln. In den USA ist diese Praxis gang und gäbe. Dass ich dann auch noch eine Frau bin und dazu aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie stamme und mich, zugegeben, der ÖVP – nie im Leben aber der FPÖ – nahe fühle, das scheint in gewissen Kreisen schon fast unanständig zu sein und erzeugt Neid. Was die Leute nicht sehen, ist, dass ich für meine Karriere hart gearbeitet habe.
- Als Geschäftsführerin von Sotheby’s war ihr Seitenblicke-Image für das Business von Nutzen, als Museums-direktorin scheint das nicht gut anzukommen?
- Ich gehöre wirklich nicht zur Seitenblicke-Gesellschaft. Gut, ich bin eine Person der Öffentlichkeit und eine gute Kommunikatorin. Wenn ich in der Fernsehsendung "Seitenblicke" interviewt werde, dann doch zu 98 Prozent auf Kulturveranstaltungen. Ich stehe jedoch dazu, mein gesellschaftliches Netzwerk, das mir in Österreich nur wenige nachmachen, aktiv für die Kunst zu nutzen. Das war sicher mit einer der Gründe, weshalb man mich – übrigens im korrekten Verfahren – zur Direktorin des mdm gewählt hat.
- Haben Sie Ihre Bewerbung in den vergangenen zwei Jahren schon einmal bereut?
- Manchmal ja. Man kann sich diese Missgunst, diese Aggressionen, die mir in Salzburg schon im Vorfeld entgegenschlugen, einfach nicht vorstellen. Sogar auf meinen Hund wurde das projiziert. Ich fand dazu noch ein Landesmuseum vor ohne digital aufgearbeitete Sammlung, ohne Lager und ohne funktionierende Klima-Anlage. Die Kustodin ging ohne Nachbesetzung in Pension. Eine Sekretärin in der heutigen Form existierte gar nicht. Die Pressefrau kam gerade aus ihrer Karenz und musste sich erst wieder einarbeiten. Der Verwalter hatte die vergangenen zehn Jahre kein Budget gemacht. Das Geld war im Februar schon verbraucht. Der scheidende Direktor, Peter Weiermair, der mir eigentlich ein halbes Jahr zur Seite stehen sollte, ward so gut wie nicht mehr gesehen.
- Warum haben Sie das alles damals nicht kommuniziert?
- Ich hatte Arbeit für sieben Leute und musste nebenbei noch eine Sommerausstellung zuwege bringen. Heute habe ich das Haus im Griff und gute Mitarbeiter. Die Sammlung wird endlich digitalisiert, und der Neubau des museums der moderne salzburg am Mönchsberg wird im kommenden Jahr eröffnet. Ich gebe zu: In der Zeit um die Prinzhorn-Affäre stand ich mit dem Rücken zur Wand. Ich hätte aktiver die Zustände kommunizieren und mich früher wehren sollen.
- Auf der Einladung zur Eröffnung des Museums Moderner Kunst Kärnten, die in diesem Sommer stattfand, erschienen Sie als „interimistische Direktorin“. Am Wochenende der Vernissage hieß es auf einmal, das sei ein „Druckfehler“. Bekamen Sie es mit der Angst zu tun, als mehrere Künstler im Vorfeld wegen Jörg Haider, dem Landeshauptmann und Kulturdezernenten von Kärnten, absagten?
- Ich hatte mir um das politische Umfeld zu wenig Gedanken gemacht. Ich bin Kärntnerin und wollte etwas für die dortige Kunst-szene tun. Ich habe das Haus lediglich beraten und mich nicht um die Einladungen persönlich gekümmert. Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass die Eröffnung mit dem Landeshauptmann Jörg Haider und mir Anstoß erregt. Nun weiß ich es besser.
- Im August gab es dann abermals eine Bewährungsprobe: die Räumungsklage gegen die Manneken-Pis-Skulptur der Künst-lergruppe Gelatin vor dem Rupertinum, die dann vorzeitig ab-gebaut wurde. Der Salzburger Bürgermeister forderte sogar ihren Kopf, und Wolfgang Lorenz, Grazer Intendant der Kulturhauptstadt 2003, bemängelte „unprofessionelle Öffent-lichkeitsarbeit“.
- Diese große mediale Öffentlichkeit, die wirklich keiner erwarten konnte, hatten wir, weil die Drohungen und Vorwürfe seitens der Politik derart absurd waren. Bürgermeister Schaden hat mir ja im Fernsehen sogar vorgeworfen, die Gelatin-Skulptur "Arc de Triomphe" würde etwas „mit meinen sexuellen Phantasien“ zu tun haben. Ersparen Sie mir, das abermals zu kommentieren. Salzburg, das sich als heimliche Kulturhauptstadt rühmt, muss so ein Projekt, das auch noch auf vier Wochen begrenzt gewesen wäre, aushalten.
- Bleibt es bei der Eröffnung des Museum der Moderne am Mönchsberg im Sommer?
- Aus bautechnischen Gründen verzögert sich die Eröffnung noch bis 23. Oktober. Die erste Präsentation im neuen Haus wird sich „Vision einer Sammlung“ nennen. Hier zeigen wir unseren Sammlungsbestand in einem Umfang, wie es im Stammhaus bislang nicht möglich war. In unserer Sammlung dominiert die figürlich expressive österreichische Kunst, welche wir in Themen und Schwerpunkte gliedern. Künftig soll von dieser Prägung ausgehend die Sammlung verjüngt und internationalisiert werden.
- Ihr Vertrag als Direktorin in Salzburg läuft nun noch zwei Jahre. Sind heiße Diskussionen um dessen Verlängerung nicht schon vorprogrammiert?
- Dem sehe ich locker entgegen.
erschienen in Kunstzeitung 04